Wahlprogramm zur Kommunalwahl 2024

Keiner liest 100-seitige Wahlprogramme, oder? Daher haben wir für unser Wahlprogramm Eckpunkte beschlossen, die durch ausführlichere Positionen ergänzt werden. Diese werden nach und nach hier verlinkt.

Die Ergänzungen der Positionen sind persönliche Interpretationen und Erweiterungen der Stadrats-Kandidatinnen und Kandidaten, die nicht Bestandteile des vom Kreisparteitag beschlossenen Programms sind.

Bürgerbeteiligung stärken

Demokratie lebt von Mitarbeit und Vertrauen der Bevölkerung. Für uns ist wichtig, dass die allgemeine Öffentlichkeit weitere Möglichkeiten der Mitgestaltung erhält: Ausbau digitaler Beteiligungsangebote, freiwillige Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene.

Ergänzung

Weiterhin sollen Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung aktiver beworben und so gestaltet werden, dass sie auch für Menschen mit Einschränkungen problemlos nutzbar sind.

Personenbezogene Daten schützen

Wir fordern, dass personenbezogene Daten – auch Metadaten nicht an Dritte weitergegeben und schon gar nicht verkauft werden dürfen. Die Stadt Leipzig muss alle möglichen Maßnahmen ergreifen, um eine Weitergabe zu verhindern und bei Weitergabe die Betroffenen informieren.

Kinder und Jugend

Förderung von Kindern und Jugendlichen ist wichtig, um sie auf ihrem Weg in Selbständigkeit und Mündigkeit zu unterstützen. Wir setzen uns für eine zukunftsfeste Absicherung von Bildungs-und Freizeitangeboten ein, um deren Arbeit zu verstetigen.

Ergänzung

Erhalt und Ausbau der Jugendtreffs
Jugendtreffs sind als konsumfreie Plätze wichtige Orte, an denen sich junge Menschen abseits von Schule, Eltern oder Arbeit entspannen können.
Wir wollen uns dafür stark machen, dass stadtweit moderne, von Kindern und Jugendlichen mitgestaltete Jugendtreffs zur Verfügung stehen.

Schulsozialarbeit
Sozialarbeit an Schulen bietet niedrigschwellige und schnelle Hilfe für junge Menschen und sollte daher Standard an jeder Schule sein. Sie trägt nachweislich dazu bei, das Schulklima zu verbessern und eine positivere Lernumgebung zu schaffen. Dementsprechend würden wir Schulsozialarbeit an jeder Schüler begrüßen und wollen diese fördern. Mehr Wissen, soziale Kompetenz und Unterstützung für Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen kommen letztendlich der Gesellschaft als Ganzes zugute.

Bürgerportal und Internetpräsenz der Stadt Leipzig

Wir fordern den Umbau des Internetauftritts der Stadt Leipzig zu einem barrierefreien nutzerfreundlichen Bürgerportal. Mit einem intuitiven Angebot sollen Dienstleistungen der Stadt, der kommunalen Betriebe sowie weiterer Anbieter einfach nutzbar werden.

Ergänzung

Der Internetauftritt der Stadt Leipzig ist nicht nur optisch stark veraltet, sondern auch unintuitiv und unübersichtlich. Außerdem muss das Prinzip der Datensparsamkeit an oberster Stelle stehen. Menschen dürfen nicht dazu gezwungen werden, unnötig Daten von sich preiszugeben, um bestimmte Dienstleistungen nutzen zu können.

Stadteigentum erhalten

Eigentum der Stadt Leipzig soll weiterhin nicht verkauft werden. Dies gilt für Immobilien, Kulturgüter, öffentliche Einrichtungen, Eigenbetriebe oder Beteiligungen an Unternehmen.

Autoarme Stadt

Für eine bessere Lebensqualität in der Stadt streben wir eine starke Reduzierung des Autoverkehrs an. Wir wollen fahrscheinfreien ÖPNV, verbesserte Anbindung der Randgebiete und des Umlandes, bessere Park-and-Ride und CarSharing-Angebote sowie weiteren Ausbau der Radfahr-und Fußgängerinfrastruktur.

Ergänzung

Fahrscheinfreier ÖPNV
Für mehr Lebensqualität in der Stadt muss der ÖPNV weiter ausgebaut und für alle attraktiver gestaltet werden werden. Das Konzept dafür ist ein fahrscheinfreier Nahverkehr. Schon heute zahlen wir über Steuern den größten Teil des ÖPNV. Wir dürfen ihn aber erst nutzen, wenn wir uns mit komplizierten Tarif-, Zonen- und Abo-Modellen auseinandergesetzt haben.
Das 49-Euro-Ticket ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber für Armutsbetroffene nach wie vor zu teuer.
Wir befürworten daher eine solidarische Umlagefinanzierung, die z.B. über die Grundsteuer erreicht werden kann, so dass sowohl alle Bürgerinnen und Bürger, als auch Gewerbe ihren Beitrag leisten. Die Kosten für den Fahrkartenverkauf und die Kontrolle entfallen vollständig. Auch Touristen können über die Beherbergungssteuer einen Beitrag leisten.
Dann kann der ÖPNV der Stadt Leipzig vollständig ohne den Erwerb eines Fahrscheins genutzt werden.

Verbesserte Anbindung der Randgebiete und des Leipziger Umlands
Der ländliche Raum um Leipzig und die Randgebiete der Stadt müssen durch Radschnellwege und einen zuverlässigen ÖPNV besser an Leipzig angebunden werden. Dafür braucht es unter anderem gemeinsame Konzepte mit Städten und Kommunen aus der Umgebung.

Carsharing und Park-and-Ride
Nicht alles Menschen können auf das Auto verzichten. Gleichzeitig stehen die meisten Autos den Großteil der Zeit ungenutzt herum und nehmen wertvollen Platz ein. Wo ein Auto steht, könnten zehn Fahrräder oder wertvolle Bäume stehen. Wir wollen daher Carsharing-Konzepte und Fahrgemeinschaften unterstützen, um so die Gesamtzahl der Autos innerhalb der Stadt zu verringern.
Zudem sollen Park-and-Ride-Plätze so gestaltet werden, dass die Menschen ihr Auto ohne Bedenken am Stadtrand abstellen und in den ÖPNV innerhalb der Stadt umsteigen können. Durch zuverlässige Betreuung muss gewährleistet werden, dass die Plätze sauber, gepflegt und sicher sind.

Ausbau der Rad- und Gehwege
Wir befürworten den weiteren Ausbau der Rad- und Gehwege in und um Leipzig. Jede Person, die sich auf das Rad schwingt oder zu Fuß läuft, trägt zur Verringerung des Autoverkehrs und somit zu weniger Stau, weniger Verkehrsunfällen und weniger Luftverschmutzung bei.
Zudem wirkt sich eine Reduzierung das Autoverkehrs sowie eine Erhöhung von Fuß- und Radverkehr nachweislich positiv auf lokale Geschäfte aus.
Diese Wege müssen ausreichen breit und sicher sein und z.B. auch von Schnee geräumt werden. Hier können uns andere europäische Großstädte, besonders Amsterdam, aber auch Paris oder Barcelona, als Vorbild dienen.

Stadtnatur

Wir setzen uns für Entsiegelung, mehr naturnahe Flächen und eine stärkere Stadtbegrünung ein. Wir möchten neue Konzepte zur Begrünung prüfen, wie sie in anderen europäischen Großstädten zum Einsatz kommen. Wir fordern den Erhalt von bestehenden Grünstrukturen.

Ergänzung

Flächenversiegelung stoppen
Flächenversiegelung ist stets ein großer Verlust für Mensch und Natur, weshalb wir uns für den Erhalt bestehender Grünstrukturen einsetzen wollen. Ersatzpflanzungen können den durch Flächenversiegelung zerstörten Lebensraum nur schwer kompensieren. Auf rund 300 Flächen innerhalb der Stadt sind die 10 häufigsten Vogelarten bereits verschwunden und es bleibt fraglich, ob neues Grün diese Arten zurückholen kann.
Zudem verfügen junge Bäume nicht über die selbe Resilienz wie Altbäume und bieten nicht das gleiche Maß an Kühlung und Beschattung. Neupflanzungen sind eine gute Ergänzung, aber kein Ersatz für bestehendes Grün.
Die Stadt muss außerdem dafür sorgen, dass bereits erfolgte Ersatz- und Ausgleichspflanzungen erhalten bleiben und nicht durch zukünftige Projekte zerstört werden.

Stadtbegrünung verbessern
Wir setzen uns für eine stärkere Stadtbegrünung ein. Dies soll auf der Grundlage von Urban Forestry, also der Sicherung, Planung und nachhaltigen Entwicklung urbaner Grünräume auf naturwissenschaftlich-ökologischer Basis, geschehen.
Gleichzeitig soll die Eignung neuer und innovativer Gebäudebegründungen für Leipzig geprüft werden (z.B. Solar-Gründach, vertical Farming, Biodiversitätsdach usw.).

Barrierefreie Stadt

Wir streben eine Gesellschaft an, in der Teilhabe aller selbstverständlich ist. Barrieren müssen abgebaut und Inklusion gefördert werden. Dies bietet nachweislich sowohl soziale als auch wirtschaftliche Vorteile für alle.

Ergänzung

Der Abbau von Barrieren und die Förderung von Inklusion bietet nachweislich Vorteile für alle. So freuen sich beispielsweise Eltern mit Kinderwagen genauso über Rampen und Fahrstühle, wie Menschen im Rollstuhl, Leute mit einem Großeinkauf oder Paketdienstleister. Daher ist in allen Bereichen des öffentlichen Lebens auf Barrierefreiheit und die Einbeziehung aller, unabhängig von Alter oder Gesundheitszustand zu achten. Vor allem schnell umsetzbare Maßnahmen, wie z.B. die Verfüllung von Schlaglöchern, eine behindertengerechte Anpassung von Ampelschaltungen oder eine bessere Ausschilderung der Zugänge öffentlicher Gebäude für Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung müssen endlich angegangen werden.

Transparenz

Die Stadt Leipzig wird zur ”Transparenzpflichtigen Stelle” nach Sächsischem Transparenzgesetz. In der zu erstellenden Satzung fordern wir maximale Transparenz der Verwaltung und Eigenbetriebe. Wir halten eine einfache digitale Lösung als Teil des Bürgerportals für notwendig.

Ergänzung

Eine Beteiligung der Einwohner ist nur möglich, wenn sie sich auch frühzeitig und umfassend über die Vorhaben der Verwaltung informieren können. Der sächsische Landtag verabschiedete am 13. Juli 2022 das Sächsische Transparenzgesetz. Dadurch ist nun auch die Stadt Leipzig eine transparenzpflichtige Stelle und muss auf Antrag angeforderte Informationen herausgeben. Außerdem ist die öffentliche Verwaltung künftig verpflichtet, Informationen proaktiv bereitzustellen.
Wir fordern in der dafür zu erstellenden Satzung maximale Transparenz. Die Informationen aus der Verwaltung sollen freiwillig und so umfassend und frühzeitig wie möglich und gesetzlich zulässig herausgegeben werden. Außerdem sollen sie systematisch recherchierbar und weiterverwendbar in einem öffentlich zugänglichen digitalen System, z.B. als Teil des Bürgerportals, vorgehalten werden.

Wohnen

Wir fordern bezahlbaren Wohnraum für alle. Wir wollen Wohnraumversorgung von Menschen mit geringem Einkommen ermöglichen und die Förderung des Umbaus zu barrierefreien Wohnungen. Wir befürworten die Fortsetzung des Projekts ”Eigene Wohnung”, Housing First. Wir fordern für soziale Wohnprojekte beschleunigte Verfahren und Prozesse. Genossenschaftliche Projekte sind bevorzugt zu fördern.

Ergänzung

Gentrifizierung
Alle Menschen in der Stadt müssen die Möglichkeit haben ihr Leben individuell zu gestalten, am öffentlichen Leben teilzunehmen und eine hohe Lebensqualität zu erreichen.
Die Verdrängung sozial Schwächerer aus ihrem Kiez (sog. Gentrifizierung) muss gestoppt werden. Dazu wollen wir Luxussanierungen stark begrenzen und sozialen Wohnungsbau fördern. Zudem braucht die Stadt ein Vetorecht gegen die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Dies führt oft zu einer Kündigung und hochwertiger Sanierung und dringend benötigter, bezahlbarer Wohnraum geht verloren. Wir unterstützen das geplante Förderprogramm der Stadt Leipzig für Mieter, die ihr Haus gemeinschaftlich kaufen möchten.*


Barrierefreies Wohnen
Ein weitestgehend barrierefreies Wohnumfeld ermöglicht Menschen, die durch das Alter oder durch Handicaps eingeschränkt sind, ein selbstbestimmtes Leben. Gleichzeitig ist es jedoch schwierig, auf dem heutigen Wohnungsmarkt eine entsprechende, bezahlbare Wohnung zu finden. Wir wollen daher den Umbau bestehender Wohnungen in barrierefreien Wohnraum fördern.

Projekt „Eigene Wohnung“
Die Stadt Leipzig startete am 01.07.2021 das Projekt „Eigene Wohnung“ zur Erprobung des Housing First-Ansatzes. Wir unterstützen die unbefristete Fortführung und Ausweitung des Projekts.


Beschleunigte Verfahren
Wir fordern für soziale Wohnprojekte beschleunigte Verfahren und Prozesse. Genossenschaftliche Projekte sind bevorzugt zu fördern.


*Durch die geplante Förderrichtlinie sollen Mietergemeinschaften im Verkaufsfall einen Zuschuss von der Stadt erhalten, um den notwendigen Eigenanteil für die Finanzierung des Kaufs stemmen zu können. Dieser Zuschuss bezieht sich dabei auf Wohnungen, die die Anforderungen von Sozialwohnungen erfüllen. Pro m² können diese mit max. 1.200 Euro gefördert werden. Im Gegenzug werden diese Wohnungen mit einer 25-jährige Belegungsbindung verbunden, sodass ein Wohnberechtigungsschein Voraussetzung für potenzielle Mieterinnen und Mieter ist. Die Förderung soll 2024 erstmals erprobt werden. Dafür stehen rund 250.000 Euro zur Verfügung.

Kunst und Kultur

Wir machen uns dafür stark, Künstlern und Veranstaltern auch jenseits der sogenannten Hochkultur Möglichkeiten zu bieten, die kulturelle Vielfalt zu pflegen und zu fördern. Außerdem möchten wir, dass Kunst-und Kulturangebote allen Menschen, unabhängig ihrer finanziellen Situation zur Verfügung stehen.

Ergänzung

Zugänglichkeit
Wir möchten, dass Kunst und Kultur allgemein zugänglich sind. Kunst und Kultur sind nach unserem Verständnis ein freier Raum, in dem alles denkbar ist und ausprobiert werden kann. In diesen Raum möchte die Piratenpartei nicht eingreifen, aber zusätzliche Orte und Netzwerke schaffen, in denen sich Kultur entfalten kann. Die Piraten machen sich dafür stark, Künstlern und Veranstaltern auch jenseits der sogenannten Hochkultur Möglichkeiten zu bieten, die kulturelle Vielfalt zu pflegen und zu fördern. Zugang zu Kunst und Kultur muss allen offenstehen – unabhängig von ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit. Deshalb soll der Zugang zu bestehenden Kultureinrichtungen verbessert werden. Viele städtische Kulturbetriebe sind teuer, für manche Menschen zu teuer. Dieses Problem soll mit einem monatlichen Zahl-was-du-willst-Tag angegangen werden, an dem die Eintrittspreise den Besuchern zur eigenen Entscheidung gegeben werden. Alle Menschen können so den Zoo, die Museen und andere Kultureinrichtungen besuchen ohne sich finanziell verausgaben zu müssen und die Kultureinrichtungen machen keine Verluste dabei.

Streetart und Graffiti
Wird das Angebot an legalen Betätigungsfeldern für Streetart und Graffiti erhöht, sinkt der Reiz zu illegalem Sprayen. Wir fordern daher die Freigabe ungenutzter kommunaler Gebäude für Streetart-Künstler. So gibt es weniger illegales Graffiti an unpassenden Stellen und buntere kommunale Gebäude.

Clubs
Eine breite Clublandschaft gehört zu den Besonderheiten Leipzigs dazu. Diese hat aufgrund von Verdrängungseffekten in den letzten Jahren stark abgenommen. Die Piraten Leipzig verstehen die Clubs als eine Bereicherung der Kunst- und Kulturszene und fordern, künftige Bebauungsprojekte nur noch im Einklang mit bereits bestehenden Clubs zu planen.