Lokalpolitik

Ein Interview mit Maren Müller

Der Journalist Jerome Nußbaum führte ein Interview mit Maren Müller, unserer Kandidatin im Wahlkreis 3. Wir veröffentlichen seine Fragen und ihre Antworten hier mit freundlicher Genehmigung.

Mit Ihrer Lanz-Petition haben Sie bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Mehr als 233.000 Menschen haben unterschrieben. Meinen Sie, das wird Sie im Wahlkampf beflügeln oder bereuen Sie inzwischen, die Petition gestartet zu haben?

Bereuen ist nicht so meine Spezialität. Meist bereue ich nur, wenn ich Dinge nicht angepackt oder versäumt habe. Ob der Erfolg der Petition sich auf den Wahlkampf übertragen lässt, vermag ich nicht zu sagen. Die Leipziger sind ein eigenes Völkchen, die lassen sich nicht durch kurzzeitige Medienpräsenz blenden. Andererseits haben etliche tausend Leipziger die Petition mitgezeichnet. Ich lass mich einfach überraschen.

Warum haben Sie sich für die Piratenpartei entschieden?

Die Piraten – das sind doch die mit den Computern! Nein, mal im Ernst, die Piraten hatten im letzten OBM-Wahlkampf bereits das Feiertags-Bündnis unterstützt. Sie sind inhaltlich gut aufgestellt und stehen u.a. für eine moderne und transparente Verwaltung, für aktive Bürgerbeteiligung, für soziale Gerechtigkeit, für Förderung der KMU und der Kreativwirtschaft, für alternative Finanzierung des ÖPNV und für konsequenten Naturschutz. Das sind genau meine Themen, für die ich auch während der Bündnisdebatte geworben habe. Ein paar Beispiele: Während die Stadtverwaltung das Thema Livestream-Berichterstattung aus der Ratssitzung über zwei Jahre lang verschleppt und dabei absurde Kostenaufstellungen propagierte, haben die Piraten einfach gehandelt. Auch Verwaltungsmodernisierung, open data und eGovernment gehören endlich auf die politische Tagesordnung. Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß, wenn die BürgerInnen dieser Stadt stundenlang wegen Bescheinigungen, Papieren oder eines Stempels in den Bürgerämtern ausharren müssen. Die Bereitstellung von kundenfreundlichen Verwaltungsdienstleistungen in elektronischer Form steckt in LE noch in den Kinderschuhen. Auch wenden sich die Piraten strikt gegen den Ausverkauf kommunalen Eigentums und die Zerstörung von Fauna und Flora im Auenwald durch Motorboote und Massentourismus.

Mit welchen Forderungen bzw. Themen gehen Sie in den Wahlkampf?

Meine Themen sind vor allem sozialer Natur und ich streite für eine soziale und solidarische Stadtentwicklung ohne Verdrängung von Mensch und Natur, für nachhaltiges Wirtschaftswachstum (auch) im Interesse der kommunalen Finanzkraft, für ökologisches Augenmaß bei wirtschaftlichen Entscheidungen sowie für Chancengleichheit für kleine und mittlere Betriebe. Auch die Verbesserung der sozialen Absicherung für Kreative, Künstler und Soloselbstständige ohne das Drangsal des Jobcenters sind notwendig. Beim Kampf um die „besten Köpfe“ dürfen auch Schulabgänger mit mittleren und defizitären Abschlusszeugnissen nicht auf der Strecke bleiben. Ich verwahre mich ausdrücklich gegen die gängige Strategie, stets auf eine Reservearmee an Arbeitskräften verfügen zu müssen, um weiterhin Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen voranzutreiben zu können. Mindestlohn und faire Arbeitsbedingungen, sowie eine Ächtung des angeblichen „Standortvorteils Niedriglohn“ trägt nach meiner Wirtschaftslogik entscheidend zur Steigerung des kommunalen Wohlfühlfaktors bei.

Außerdem fordere ich ein Verbot von Stromabschaltungen in sozialen Notlagen sowie eine kommunale Selbstverpflichtung zur Einstellung von Sanktionen für ALGII-Empfänger – insbesondere für Erwerbslose unter 25.

Wer bedürftigen Menschen aus nichtigem Grund das Existenzminimum verwehrt, handelt verantwortungslos und fördert Kriminalität, Verwahrlosung und Elend. Gegen diese Art sozialer Brutalität seitens der Behörden sollte sich eine engagierte Stadtgesellschaft in ihrem ureigenen Interesse kollektiv und solidarisch zur Wehr setzen.

Was ist Ihre Meinung zum City-Tunnel? Braucht Leipzig oder lieber wieder zuschütten?

Er ist da und nicht mehr zu ändern. Inzwischen habe auch ich es fertig gebracht den Tunnel zu testen und die Strecke zwischen Leuschnerplatz und Stötteritz zurückgelegt. Es ging fix und war recht angenehm. Ich bezweifle allerdings stark, dass sich die Milliardenausgaben irgendwann amortisieren werden.

Die AfD verlangt jetzt eine Volksabstimmung zum geplanten Moscheebau in Gohlis. Können Sie die Bedenken einiger Anwohner verstehen oder sind Sie für die Moschee?

Wer eine Volksabstimmung gegen ein privates Bauprojekt initiiert, bewegt sich nicht auf dem Boden des Grundgesetzes. Wir garantieren Religionsfreiheit und wenn ich gegen eine Moschee wäre, müsste ich auch gegen den katholischen Trutzbau gegenüber des Neuen Rathauses sein. Ich habe keine Bedenken gegen eine Moschee, aber ich habe Bedenken gegenüber Menschen, die mit Fackeln vor Asylbewerberheimen auflaufen.

Foto: Susann Friedrich