Zeit für Piraten

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Zwei Arten von Menschen mit Laptops möchte ich hier gegenüber stellen:
Die ökonomisch orientierte ist in klassische Anzüge oder Kostüme gekleidet, hastet jung und dynamisch durch Firmenkorridore und sucht nach Einspar- und Optimierungspotentialen.
Die andere Art sind Piraten. Sie arbeiten zu Hause und in ihrer Freizeit, sie treffen sich in Kneipen und beschäftigen sich mit der Lebens- und Arbeitswelt von morgen.
Die erste Art genießt hohes gesellschaftliches Ansehen und wird gut bezahlt.

Zeit für Piraten, warum?

Die fleißigen Arbeiter im McKinsey-Imperium (wobei McKinsey synonym für sämtliche Consultingfirmen steht) hat zwei Aufgaben: zum ersten die Bewahrung des Status quo und zum Zweiten die Sicherung hoher Renditen für Shareholder. Das wird gern euphemistisch als „freies Spiel der Kräfte“ oder „Freiheit der Märkte“ umschrieben – ist aber schlicht und ergreifend die Freiheit von gesellschaftlicher Verantwortung für Großunternehmen.
Die piratige Art hat Visionen. Sie ist innerhalb der Firmenhierarchien meist in mittleren oder unteren Ebenen zu finden, steht finanziell näher an den unteren Schichten, ist meist gut gebildet und ideologisch zwar dem eher linken Lager zuzuordnen, aber ohne die dort üblichen ideologischen Scheuklappen. Letzteres wird ihnen oft von Ideologen vorgehalten. Persönlich bezeichne ich mich als „konservativ links“ – was manchmal zu Irritationen führt. Ich passe also nur zu den Piraten.

Zeit für Piraten – also für Streit?

Die Piraten streiten dauernd miteinander und das auch noch öffentlich. Damit sind die Piraten die einzige Partei, die den politischen Entscheidungsprozess öffentlich macht. Das liegt in der Natur einer Republik – res publica bedeutet ja „öffentliche Angelegenheit“. Dies gibt Interessierten die Möglichkeit sowohl passiv, durch Mitlesen, aber auch aktiv teilzunehmen. Piratenpolitik findet öffentlich statt.

Zeit für Piraten – also für Nerds?

Piraten werden, soweit sie bekannt sind, oft mit Nerds und Hackern in Verbindung gebracht. Diese gibt es auch unter den Piraten, es gibt aber ebenso Menschen hier, die das Internet und Computer einfach als Arbeitsmittel nutzen. Manche brauchen sogar Hilfe beim Anlegen eines E-Mail-Accounts. Normale Menschen eben, die sich mit den Piraten-Themen identifizieren. Weder der Chaos-Computer-Club noch Anonymous sind Piraten-Veranstaltungen – viele Piraten stehen diesen aber nahe.

Zeit für Piraten – was wollen die?

Den Piraten geht es um die Freiheit – nicht nur im Internet. Es geht ihnen um die Würde eines jedes Menschen und um die gleichberechtigte Teilhabe dieser Menschen am gesellschaftlichen Leben und den politischen Prozessen.
Damit eng verbunden ist der Kampf für die Wahrung der Privatsphäre, also gegen anlasslose Totalüberwachung. Der Schutz der Meinungsfreiheit, so wie sie im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland steht, ist auch der Kampf gegen die Einführung von Uploadfiltern und anderen technischen Mitteln im Internet ,die dazu geeignet sind, die Meinungsfreiheit einzuschränken.
Würde und Teilhabe sind die Eckpunkte der piratigen Sozialpolitik. Wenn die Würde aller Menschen und die gleichberechtigte Teilhabe – „farbenblind“ und geschlechtsunabhängig – das Prinzip sind, dann sollte jeder damit leben können.
Die neue Arbeitswelt und digitale Bildung, verbunden mit den vorstehenden Prinzipien, sind ein piratiges Thema. Sie sind schon da angekommen, wo andere noch vom Neuland reden.

Wie ihre Namensgeber auf den Weltmeeren, so sind die Piraten im Internet unterwegs. Sie organisieren sich dort – tauschen sich aus – teilen Ideen – entwickeln Lösungen – diskutieren diese – verbessern oder verwerfen sie und machen sie öffentlich. Crowdworking, Cloudworking, Crowdfunding und ähnliches sind für Piraten normal. Sie machen, zum großen Teil in ihrer Freizeit das was die Arbeitswelt der Zukunft ausmachen wird.Thomas Köhler in: Es ist schön Pirat zu sein!

Zeit für Piraten – auch kommunal?

Die vorstehenden Themen sind oft in der Europa-, Bundes- oder Landespolitik durchsetzbar – was ist mit der Kommunalpolitik? Auch dort werden die Piraten gebraucht. Sie leben und arbeiten in den Kommunen, sie sind dort oft gesellschaftlich engagiert – sie sind „welche von uns“ – mit allen normalen Alltagsproblemen. So entstehen in kontroversen Diskussionen Konzepte für Verkehr, Kultur, Umwelt, Tourismus und andere kommunal drängende Themen. Auch diese Konzepte werden ohne Beeinflussung durch Lobbyisten oder ideologische Restriktionen erarbeitet. Sie werden von Menschen für eine menschliche Gesellschaft erarbeitet.

Zeit für Piraten – und nun?

Die Piraten sind eine Mitmach-Partei, es kann sich also jeder beteiligen, auch ohne gleich Mitglied zu werden. Auf den Webseiten der Piraten vor Ort sind die öffentlichen Kontakte und Treffen schnell zu finden.
Für die, denen die Zeit bis zur nächsten Wahl dafür zu kurz erscheint, oder die sich nicht aktiv beteiligen wollen, bleibt beim Gang zur Wahlurne die Möglichkeit das Kreuz bei den Piraten zu setzen.
Und bitte denkt daran: Nichtwählen ist keine Lösung.

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